Mittwoch, 01 Mai 2013
06:59
Uhr
Wenn die Einen das Schlepp-Netz aus Gründen der rücksichtslosen Profitgier nicht voll genug bekommen können, leiden immer die darunter, die unter Beachtung strenger Auflagen einfach nur ihren Lebensunterhalt sichern wollen. Leider wurde den handwerklichen und Klein-Fischern das Berufsleben in den vergangenen Jahren so schwer gemacht, dass die Zahl der hiesigen Betriebe bis auf einen Bruchteil der ursprünglichen Unternehmen zurückgegangen ist. Sprich: Die großen Fangtrawler fischen den kleinen alteingesessenen Betrieben mit ihren großen Schleppnetzen die Existenz ab. Damit wollen sich viele Gemeinden aber nicht abfinden.
Die EU-Abgeordnete Ulrike Rodunst lässt sich von Fischer Leif Rönnau ganz praktisch in die Vorteile des Direktmarketings einweisen. Foto: Stoltenberg
Wendtorf hat mit der Aktion "Fisch vom Kutter" eine beispielhafte Initiative ins Leben gerufen. Ziel ist es, kleine, handwerkliche Fischerei-Betriebe zu unterstützen und damit auch die Kutter im Hafen zu erhalten. Jetzt kam Ulrike Rodust, Europaabgeordnete der SPD und Fischereiexpertin nach Wendtorf, um sich von Fischern, Bürgermeister Otto Steffen und dem Sprecher des Arbeitskreises Fischerei, Uwe Sturm, über "Fisch vom Kutter" zu informieren und Hoffnung zu machen. "Fisch vom Kutter" sorgt mit unterschiedlichen Ideen zur Direktvermarktung von regional und saisonal gefangenem Frischfisch dafür, die handwerklich arbeitenden Fischer wirtschaftlich zu stützen. Ziel der Aktion ist es, dass gerade auch junge Fischer wie Leif Rönnau sich nicht dem gnadenlosen Preiskampf von Großanbietern stellen müssen, sondern durch das gezielte direkte Vermarkten reelle Preise für ihre fangfrische Ware fordern können. Darüber hinaus soll der Verkauf direkt am Hafen die Sinne für ein wertvolles Produkt wie Fisch stärken. Menschen aus der Region, Verbraucher, Wissenschaftler, Bürgermeister und Kulturschaffende arbeiten dabei nach dem "Bottom-up"-Prinzip. Neudeutsch steht dieses Prinzip dafür, dass zunächst Teilprobleme analysiert und gelöst werden, bevor man von unten nach oben zusammen gesetzt, das Gesamtproblem löst. Für Leif Rönnau und Jan Meyer hat sich "Fisch vom Kutter" auf jeden Fall bewährt. Von der Politik erwarten sich die handwerklichen Fischer aber mehr Unterstützung. Denn es geht um die Existenz von zum Teil alteingesessenen Familienunternehmen. Zum Vergleich: In Eckernförde gab es früher noch rund 30 handwerkliche Fischereibetriebe, heute sind es gerade mal fünf. Wobei Eckernförde nur als ein Beispiel von diversen vergleichbaren an Deutschlands Küsten ist. Aber Ulrike Rodust hatte auch Nachrichten im Gepäck, die langfristig Hoffnung machen. In naher Zukunft soll eine Grundverordnung dafür sorgen, dass handwerkliche und kleine Fischereibetriebe gestärkt werden. Denn nicht nur für deutsche Fischer hat der groß angelegte "Fischzug" mit Trawler-Schleppnetzen "desaströse Folgen". Für ganz Europa, und jeweils bezogen auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Fischsorten, sollen Richtlinien erarbeitet werden, die nicht nur einen Fortbestand kleinerer Unternehmen, sondern auch den Fortbestand ganzer Fischpopulationen sichern könnten. Dabei soll auch festgelegt werden, welche Fanggeräte künftig eingesetzt werden dürfen. Die Fischer müssen aber mit arbeiten. Denn wichtig ist auch, dass Schweinswale und Meeresvögel künftig noch mehr geschont werden. Gerade der Beifang ist den Verantwortlichen ein Dorn im Auge. Voraussichtlich im nächsten oder übernächsten Jahr wird europaweit ein so genanntes Rückwurfverbot beschlossen, das dann bindend ist. 2018 soll festgelegt werden, wie der Fang von unterschiedlichen Fischen gehandhabt wird. Brüssel hat einen "Geldtopf" zur Verfügung gestellt, der Fischer bei der Anschaffung von angemessenen Fanggeräten unterstützen soll, die auch einen Beifang möglichst gering halten. Neue Fischerei-Fahrzeuge, sprich, Kutter, werden mit diesen Mitteln aber nicht gefördert. Das Projekt "Fisch vom Kutter" hat sich schon jetzt bewährt, jetzt müssen die handwerklichen Fischer darauf warten, ob der langfristige Hoffnungsschimmer am europäischen Horizont der politischen Entscheidungsfindungen auch möglichst schnell nachhaltige Wirkung zeigt.
Wirtschaft und Politik Geschrieben von Philine Stoltenberg Mittwoch, 01. Mai 2013
Quelle: http://www.probsteier-herold.de/fisch-vom-kutter-hat-sich-schon-jetzt-bewaehrt
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